Grammatik Satz 135


Spanischer Sat

Durante unos minutos, ese descubrimiento me turbó grandemente, turbación en verdad pueril, ya que, dadas las terribles circunstancias que me rodeaban, ¿qué cosa menos importante podía encontrar que las dimensiones de mi calabozo?

Deutscher Satz

Während einiger Minuten verwirrte mich dieser Tatbestand sehr, eine tatsächlich kindische Verwirrung, denn was konnte es in Anbetracht der schrecklichen Umstände, die mich umgaben, Unwichtigeres geben als die Größe meines Kerkers.

Grammatik

Wir haben im Vergleich zu dem vorletzten Satz einen Zeitenwechsel.

a) Me había equivocado mucho con respecto a sus dimensiones.
b) Durante unos minutos, ese descubrimiento me turbó grandemente.

Der erste Satz schildert eine Vorvergangenheit, da er sich jetzt ja über die Dimensionen seines Kerkers im Klaren geworden ist und ihn diese Entdeckung ja jetzt nicht mehr überrascht. Bei a) deutet aber außer dem Plusquamperfekt nichts auf die Vorvergangenheit hin (außer der Logik der Erzählung). Das indefinido alleine hätte, mangelns eines anderen Hinweises, nicht deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er seine falschen Ansichten hinsichtlich der Dimensionen seines Kerkers schon in der Vergangenheit korrigiert hatte. Wir haben es nicht mit so einem krassen Fall zu tun, wo die Vorzeitigkeit logischer Bestandteil der Aussage ist, wie in diesem Beispiel.

korrekt: Había notado un número falso y por eso no pude llamar.
inkorrekt: Noté un número falso y por eso no pude llamar.

korrekt: Ich hatte die falschen Nummer notiert und konnte deshalb nicht anrufen.
inkorrekt: Ich notierte die falschen Nummer und konnte deshalb nicht anrufen.

Bei diesen Sätzen sieht jeder sofort ein, dass das pluscuamperfecto stehen muss, weil ohne eine deutliche Markierung der Vorzeitigkeit der Satz so richtig gar keinen Sinn macht. Unser Satz ... Me había equivocado mucho con respecto a sus dimensiones... ist nicht so krass, dennoch ist das pluscuamperfecto in diesem Beispiel besser als das indefinido. Das indefinido drückt nicht aus, dass er seine irrige Ansicht in einer Vorvergangenheit korrigiert hätte. Man sieht das vielleicht deutlicher, wenn man andere Sätze dagegen hält.

Me equivoqué una vez y esto basta.
Ich habe mich einmal geirrt und das reicht.

Hier wird die Handlung nicht in der Vergangenheit korrigiert, sondern in der Gegenwart. Mangelns anderer Angaben, die auf eine Vorvergangenheit schließen lassen, ist bei a) also das pluscuamperfecto zu wählen, der eindeutig zum Ausdruck bringt, dass es sich um eine Vorvergangenheit handelt. Anders ist das bei b). Bei b) ist ein Zeitraum angegeben, die Handlung ist von daher schon als in der Vergangenheit abgeschlossen charakterisiert. Es bedarf keines pluscuamperfectos mehr.

Um die Sache mal auf den Punkt zu bringen. Haben wir die Beschreibung einer Handlungskette, dann sind manche dieser Handlungen Vorvergangenheit, eigentlich alle Handlungen vor der letzten Handlung. Was der Duden zu dieser Thematik sagt, ist zwar nicht falsch, aber zu oberflächlich.

"Das Plusquamperfekt unterscheidet sich vom Perfekt dadurch, dass es Vollzug oder Abschluß eines Geschehens als gegebene Tatsache nicht für die Gegenwart oder für die Zukunft feststellt, sondern für einen Zeitpunkt der Vergangenheit. "

und weiter unten

"In diesem Text von Thomas Mann wird der Bezugszeitpunkt mit in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts angegeben. Der Zeitpunkt, zu dem die das im Plusquamperfekt genannte Geschehen abgelaufen ist, liegt davor und wird dem Leser einmal durch ganz zu Anfang des Krieges und ein anderes Mal durch nach dem Verlust des Gatten mitgeteilt. Das Plusquamperfekt dient also als Tempus der Vorzeitigkeit ("Vorvergangenheit")."

Duden, Grammatik, 5. Auflage, Mannheim 1995, Seite 151

Es ist prinzipiell keine sinnvolle Methode, anhand eines isolierten Beispieles irgendetwas beweisen zu wollen, und zweitens versucht der Duden das Plusquamperfekt lediglich vom Perfekt abzugrenzen, was einfach ist. Das eigentliche Problem ist aber nicht die Abgrenzung zum Perfekt, sondern die Abgrenzung zum Imperfekt. Auch in dem vom Duden angeführten Beispiel von Thomas Mann setzt die Erzählung im Imperfekt ein, um dann ins Plusquamperfekt zu wechseln. In dem angeführten Beispiel gibt es kein einziges Perfekt. Das Deutsche besitzt die Sensibilität für das Zeitensystem nicht, es geht im Sprachgebrauch wild durcheinander. Das Perfekt beschreibt aber eine Handlung, die in der Vergangenheit abgeschlossen wurde, deren Konsequenzen aber in der Gegenwart spürbar sind. Das Plusquamperfekt beschreibt eine Handlung, die in der Vergangenheit abgeschlossen wurde, die aber keine Konsequenzen im Sprechzeitpunkt hat. Konsequenzen hat die im Plusquamperfekt beschriebene Handlung für einen Zeitraum in der Vergangenheit.

Ich habe meinen Führerschein verloren, ich kann nicht Auto fahren.
=> Konsequenz in der Gegenwart spürbar.
Ich hatte meinen Führerschein verloren, deswegen konnte ich nicht Auto fahren.
=> Konsequenz in der Gegenwart nicht mehr spürbar.

Das eigentliche Thema ist aber die Abgrenzung des Imperfekts vom Plusquamperfekt.

Die Vorzeitigkeit alleine erzwingt kein Plusquamperfekt. In der Regel ist sowohl die Kombination Imperfekt / Imperfekt, wie auch die Kombination Plusquamperfekt / Plusquamperfekt möglich.

Im ersten Weltkrieg spielten Flugzeuge noch keine Rolle,
im zweiten Weltkrieg entschieden sie den Ausgang des Krieges.
Im ersten Weltkrieg hatten Flugzeuge noch keine Rolle gespielt,
im zweiten Weltkrieg entschieden sie den Ausgang des Krieges.

(Da die Sensibilität des Deutschen gering ist, würde sogar das gehen.

Im ersten Weltkrieg haben Flugzeuge noch keine Rolle gespielt,
im zweiten Weltkrieg entschieden sie den Ausgang des Krieges.)

Die Frage lautet also kurz und bündig, wann kann das Imperfekt das Plusquamperfekt nicht ersetzen, wann unterscheidet auch das wenig sensible Deutsche. Das Imperfekt im Deutschen ist, dies wurde schon mehrfach erwähnt, zweideutig. Er drückt sowohl die Gleichzeitigkeit von Handlungen, wie auch die Nachzeitigkeit aus. In der Regel ergibt sich aus der Zusammenhang, was gemeint ist.

Er schrieb einen Brief und trank ein Bier . => Gleichzeitigkeit
Er schrieb einen Brief, ging dann in die Kneipe und trank ein Bier. => Nachzeitigkeit.

Wenn es jetzt wesentlich darauf ankommt, diese Zweideutigkeit aufzuheben, also eindeutig Nachzeitigkeit auszudrücken und die Gleichzeitigkeit auszuschließen, kann das Imperfekt nicht verwendet werden, denn er drückt sowohl das eine, wie auch das andere aus. In diesem Fall kann nur das Plusquamperfekt stehen, und auch das nicht besonders sensible Deutsche wird ihn in so einer Situation verwenden.

Ich hatte es ihm gesagt, aber er machte es trotzdem. => eindeutig vorzeitig
Ich sagte es ihm, aber er machte es trotzdem. => entweder gleichzeitig oder vorzeitig

Ich hatte das Warnschild nicht gesehen, und deshalb ging ich hinein. => eindeutig vorzeitig
Ich sah das Warnschild nicht, und deshalb ging ich hinein. => entweder gleichzeitig oder vorzeitig

Dass es den Sprechern selten darauf ankommt, sich klar auszudrücken, weil sich aus den Umständen ergibt, was gemeint ist, ist ein anderes Thema. Will man sich aber klar ausdrücken, kann bei Vorzeitigkeit das Imperfekt nicht für das Plusquamperfekt stehen, denn dieses ist zweideutig. Der Sinn kann sich radikal ändern, je nachdem, welche Zeit verwendet wird.

a) Obwohl er krank war, hat er das Rennen gewonnen.
b) Obwohl er krank gewesen war, hat er das Rennen gewonnen.

Bei a) war er zum Zeitpunkt des Rennens krank und hat gewonnen. Bei b) war er vor dem Rennen krank, konnte also zum Beispiel nicht richtig trainieren, hat aber trotzdem das Rennen gewonnen. Das Imperfekt kann auch dann das Plusquamperfekt nicht ersetzen, wenn eine Handlung logische Konsequenz einer Handlung der Vorvergangenheit ist.

richtig : Er hatte es ausprobiert, wußte also, was passieren würde.
falsch: Er probierte es aus, wußte also, was passieren würde.

Der zweite Satz ist Unsinn, das Imperfekt lässt eine Gleichzeitigkeit zu, die logisch ausgeschlossen ist. Wir sehen also, dass die ganze Angelegenheit kompliziert ist, und die Bemerkungen des Duden nicht geeignet sind, die Problematik in seiner Vielschichtigkeit zu erfassen.

Es wurde die These aufgestellt, dass das Imperfekt im Einzelfall für das Plusquamperfekt stehen kann und das indefinido für das pluscuamperfecto, wenn durch Adverbien schon gekennzeichnet ist, was gemeint ist.

Betrachten wir einmal diesen Satz.

Er las die Zeitung, er wußte es.

Dieser Satz lässt zwei Interpretationen zu. Er wußte, dass irgendeine wichtige Information in der Zeitung stehen würde, und foglich las er sie. Der Satz kann aber auch bedeuten, dass er die Zeitung gelesen hatte, und infolgedessen irgendetwas wußte. Wir haben nun zwei Möglichkeiten zu klären, was gemeint ist. Mit einer Konjunktion oder mit einem Plusquamperfekt.

Er hatte die Zeitung gelesen, er wußte es.
Er las die Zeitung und deshalb wußte er es.

Wenn der Sinn erschlossen werden kann, braucht man das Plusquamperfekt nicht und viele Deutschen setzen ihn dann auch nicht. Das Plusquamperfekt kann auch dann nicht durch das Imperfekt ersetzt werden, wenn die Ereignisse entgegen dem Zeitablauf geschildert werden. Dieser Satz macht so richtig keinen Sinn.

Die Geburtstagsfeier begann, und er vergaß das Geschenk.

Der hier schon.

Die Geburtatsfeier begann, und er hatte das Geschenk vergessen.


Kontakt Impressum Datenschutz